2 | Die Reformation und ihre Folgen

Abb. 4: Zeichnung der Ruine des alten Hamburger Doms während der Abrissarbeiten, Juni 1806. Quelle: Staatsarchiv Hamburg

1529 hielt die Reformation in Hamburg Einzug. Auch das Domkapitel wurde evangelisch, behielt jedoch eine gewisse Eigenständigkeit. Damit war der Dom dem unmittelbaren Zugriff des Rates entzogen, was den Ratsherren über Jahrhunderte ein Dorn im Auge war. Erst mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 änderte sich die Situation: Der Dom wurde säkularisiert, und der Rat beschloss nun kurzerhand seinen Abriss. Bauland war, genau wie heute, in der sich rasch entwickelnden Stadt begehrt. Der Abbruch (Abb. 4) erfolgte von 1804 bis 1806, die Trümmer wurden großenteils als Material für den Deichbau benutzt. Damit verschwand die jahrhundertealte Bischofskirche unwiederbringlich aus dem Stadtbild.

Mit der Einführung der Reformation in Hamburg und dem Erlass der von Johannes Bugenhagen erarbeiteten Hamburger Kirchenordnung war die Feier öffentlicher katholischer Gottesdienste strikt verboten. Mehr noch: Den Katholiken wurde – wie allen Nicht-Lutheranern – das Bürgerrecht verweigert. Erst 1785 wurde durch das „Reglement für die fremden Religionsverwandten“ die Ausübung des katholischen Glaubens im privaten Rahmen erlaubt. An die öffentliche Feier der heiligen Messe oder gar den Neubau einer katholischen Kirche war nach wie vor nicht zu denken.

Abb. 5: Die barocke Fassade des „Kleinen Michel“. Quelle: Staatsarchiv Hamburg

Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts – fast dreihundert Jahre nach Bugenhagen – durften die Hamburger Katholiken wieder eine Kirche ihr Eigen nennen. Ausgerechnet der französische Kaiser Napoleon kam ihnen dabei (wenn auch unfreiwillig) zu Hilfe: Unter den französischen Truppen, die 1807 in der Stadt waren, gab es auch etliche spanische Soldaten, allesamt Katholiken. Für sie wurde nun ein Gottesdienst gefeiert – der erste öffentliche katholische Gottesdienst in Hamburg seit der Reformation. Wenig später beschlagnahmte die französische Militärverwaltung eine Kirche in der Nähe der Hauptkirche St. Michaelis („Großer Michel“) und erklärte sie kurzerhand für katholisch: Am 3. Februar 1811 wurde sie dem heiligen Ansgar geweiht – der „Kleine Michel“ (Abb. 5) war geboren. Auch nach dem Abzug der französischen Truppen 1814 wurden katholische Gottesdienste hier vom Rat geduldet, 1825 konnte die katholische Gemeinde das Gebäude schließlich für 5 000 Mark kaufen.

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