9 | Eine Zeit des Aufbruchs: Die 1960er Jahre

Abb. 21: Papst Johannes XXIII. Briefmarke der Deutschen Bundespost aus dem Jahr 1969. Quelle: Wikipedia; Nightflyer

Am 28. Oktober 1958 wurde Angelo Giuseppe Roncalli (Abb. 21) zum Papst gewählt. Er gab sich den Namen Johannes XXIII. und überraschte die Weltöffentlichkeit schon wenige Monate nach seiner Wahl mit der Ankündigung, ein Konzil – das Zweite Vatikanische Konzil – einzuberufen. Es herrschte Aufbruchsstimmung!

Das Konzil tagte von 1962 bis 1965. Schon in der ersten Sitzungsperiode wurde die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium verabschiedet. Dieses Dokument hatte für alle katholischen Kirchen weltweit gravierende Konsequenzen, denn es legte u.a. fest, dass sich die Gemeinde bei der Feier der heiligen Messe – ähnlich wie die Jünger beim letzten Abendmahl – um den Altar zu versammeln habe. Die alten Hochaltäre hatten damit ausgedient.

Abb. 22: Der Innenraum der Kirche nach der Umgestaltung 1962/63. Quelle: Diözesanarchiv Erzbistum Hamburg

Der Hamburger Stadtdechant Johannes Bunte beauftragte den Berliner Architekten Reinhard Hofbauer, die liturgischen Neuerungen des Konzils in St. Marien baulich umzusetzen. Die Abbildung 22 dokumentiert die Situation nach der Umgestaltung: In die Mitte des Chorraums wurde ein neuer Altar platziert. Der Hochaltar und die Flügelaltäre wurden entfernt, die Kanzel wurde durch einen Ambo ersetzt.

An die Stelle, an der zuvor der Hochaltar gestanden hatte, trat nun ein Bischofssitz, denn mit Johannes von Rudloff residierte schon seit 1960 ein Weihbischof in Hamburg, um den Katholiken im Norden des Bistums Osnabrück nahe zu sein. Mit der Feier der Altarweihe am 20. Dezember 1963 war die Umgestaltung zunächst abgeschlossen.

1965 gestaltete der damals noch junge Glasbildner Johannes Schreiter einen Zyklus von elf Buntglasfenstern, die die Kirche bis heute prägen. Inspiriert wurde er durch Visionen der Endzeit aus dem Buch Jesaja, in denen der Prophet die bleibende Gnade Gottes besingt, auch wenn Himmel und Erde vergehen (Jesaja 24,18–20; 51,6; 54,10). Anders als in den 1960er Jahren sonst oft üblich, stellte Schreiter keine konkreten Motive dar, sondern schuf abstrakte Variationen über ein Thema: Es sind glasgewordene Meditationen von höchstem künstlerischem Rang.

Zwei Jahre später wurde dann die alte, inzwischen verschlissene Orgel aus der Erbauungszeit durch einen Neubau der Hamburger Orgelbau-Firma Rudolf von Beckerath ersetzt.

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